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Wie die FatherSchools das Potenzial der Väter nutzen


Wie macht man Kinder und Jugendliche stark – für die Herausforderungen des Lebens und insbesondere gegen Radikalisierung und Gewalt? Antworten auf diese Frage gibt die Organisation „Women without Borders“. Die „Frauen ohne Grenzen“ setzen bei den Eltern an: Sie wollen Mütter und Väter  stärken, um Teenager widerstandsfähig zu machen gegen radikale Einflüsterungen jeglicher Art. Dazu bildet die internationale Organisation mit Sitzen in Wien und München Mütter und Väter zu Botschafter*innen für den Frieden aus. Seit Mai 2021 gibt es „MotherSchools: Parenting for Peace“ in Regensburg – nun sind erstmals zwei Kurse für Väter, die FatherSchools, erfolgreich zuende gegangen. Die Organisation hat Projektkoordinatorin Mai Hamza von CampusAsyl übernommen – Menschen stark zu machen, zu „empowern“, das ist ein Grundanliegen des Regensburger Vereins. Gefördert werden diese Projekte vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales.

Die FatherSchools zielen darauf ab, das Potenzial von Vätern für die Kindererziehung und den Schutz vor Radikalisierung zu nutzen. Sie wollen die Väter ermutigen, sich dieser Herausforderung zu stellen. „Oftmals sind Väter gefangen zwischen Rollen-Zwängen und Mythen von Maskulinität, zwischen traditionellen Vorstellungen von Elternschaft und Anforderungen, denen sie nicht immer gewachsen sind“, heißt es bei „Women without Borders“. Die FatherSchools stellen ein Angebot dar, Erziehungsfragen aktiv anzugehen – durch Diskussionen, theoretischen Input und interaktive Übungen.

Davon kann Ali Karim erzählen. Er ist einer der Lehrer bei CampusAsyl, die die Kurse anleiten. An den beiden Kursen nahmen Väter teil, die nach Deutschland geflüchtet sind: aus der Ukraine, aus Irak, Iran, Syrien oder Ägypten. Im Kurs arbeiten sie mit einem von „Women without Borders“ herausgegebenen Handbuch. Dieses setzt Schwerpunkte zum Beispiel bei „Verschiedene Welten verstehen – Gemeinsames und Trennendes zwischen den Generationen“ oder bei „Reden und Zuhören: Mit Teenagern im Dialog bleiben“. Bevor sie darüber sprechen, gilt es in der ersten Sitzung, die Umgangsregeln im Kurs zu klären: Dass Vertrauen die Basis von Beziehungen ist, soll nicht nur in der Familie gelebt werden, sondern auch unter den Kursteilnehmern. Schließlich sprechen diese im Laufe der zehn Sitzungen intensiv über Privates und Persönliches, das im Raum bleiben soll: „Wir diskutieren nicht nur die private Situation, sondern auch Erfahrungen aus der Familie, von den Eltern und Großeltern“, sagt Karim. Nach zwei bis drei Sitzungen spüre er, dass die Teilnehmer sich öffnen.

Das ist bemerkenswert: Denn Karim erzählt im Gespräch auch, dass manche der Männer den Kurs anfänglich eher als Gelegenheit nutzen wollten, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern als über ihre Beziehungen zur Familie zu sprechen. Ali Karim, der selbst 15 Jahre lang im Irak als Lehrer gearbeitet hat und seit sechs Jahren in Deutschland lebt, sagt, dass viele Männer aus dem Mittleren Osten die Erziehung der Kinder den Frauen überlassen, während sie sich selbst für den außerhäuslichen Bereich der Familie zuständig sehen. „Wir haben die Männer Schritt für Schritt an Erziehungsthemen herangeführt“, sagt Karim. „Nach jeder Sitzung fragen wir nach den Wünschen der Väter. Anfangs sagten sie: Ihr Deutsch verbessern, später ging es dann um Themen. Wenn sie über Erziehung und Partnerschaft sprechen, reflektieren sie sich selbst.“

Ahmed Shahim hat sich allerdings ganz bewusst entschieden, an einer der FatherSchools teilzunehmen. Er kommt aus Ägypten und arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Regensburg. „Ich brauche ein Verständnis der Kultur, in der meine Tochter aufwächst“, sagt er. Es gebe teils große Unterschiede zwischen Ägypten und Deutschland: Nicht nur in Hinsicht auf die Religion, sondern auch im praktischen Alltag wirken sich unterschiedliche Mentalitäten aus: Während in Deutschland um 20 Uhr alles schließt, seien in Ägypten Dienstleistungen 24 Stunden lang an sieben Wochentagen verfügbar. Im Kurs sprechen sie auch über universelle Themen, wie die Gefahren, die von Social Media für Jugendliche ausgehen können, erzählt er. Und er nennt einen der praktischen Tipps für eine gute Bewältigung von Konflikten: Um emotionalen Ausbrüchen  vorzubeugen, verlässt man den Raum – am Besten macht man Sport, bis die Wut sich gelegt hat. Danach lassen sich Meinungsverschiedenheiten besser besprechen.

Andere Kursteilnehmer haben beim Austausch mit ihrer Familie ohnehin große Hürden: Wie sie berichten, leben ihre Familien gar nicht bei ihnen in Deutschland sind, sondern in Jordanien oder im Libanon. Ein Syrer sagt im Gespräch, er habe als Soldat Befehle verweigert, weshalb das Assad-Regime über ihn die Todesstrafe ausgesprochen habe. Er sei deshalb geflohen – jetzt fühle er sich wegen des lediglich begrenzten subsidiären Schutzstatus, der ihm in Deutschland zugestanden worden sei, in einer höchst unsicheren Situation. Andere Männer pflichten bei – auch sie haben keine langfristige Perspektive in Deutschland. Ihre Unsicherheit setzt ihnen stark zu, das wird im Gespräch deutlich.

Kursleiter Ali Karim spürt die psychische Belastung einiger Teilnehmer deutlich: „Wir versuchen, die Balance zu finden zwischen dem Vermitteln und den Emotionen der Teilnehmer. Das ist wichtig für die Dynamik der Gruppe.“ Karim sagt, dass die FatherSchools ihren Teilnehmern Halt geben: Manchmal fällt eine Sitzung auf einen Feiertag, doch die Väter wollen nicht, dass sie deshalb ausfällt. Sie kommen dann alle, motiviert und stets pünktlich.

Artikel: Katharina Kellner



29.06.2023 09:56,
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