
Wenn neue Kinder zur Betreuung von Clara Hübner bei CampusAsyl kommen, beginnt für viele ein neuer Abschnitt. Clara ist hauptverantwortlich für die Kinderbetreuung im Projekt BUF. Während sie die Kinder betreut, besuchen ihre Mütter nebenan einen Kurs des Projekts. Für viele von ihnen ist das die erste Gelegenheit seit Langem, sich wieder auf sich selbst zu konzentrieren und einen Schritt in Richtung Selbstständigkeit zu gehen.
Das Projekt BUF – Begleiten, Unterstützen, Fördern – läuft seit Mai 2024 bei CampusAsyl. Es richtet sich an geflüchtete Menschen, die beim Spracherwerb vor, während und nach dem Integrationskurs begleitet werden. Kofinanziert wird BUF für 3 Jahre durch den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) der Europäischen Union. Ein besonderer Fokus liegt auf Frauen mit kleinen Kindern – einer Zielgruppe, die im Unterstützungssystem oft wenig Beachtung findet. Denn viele geflüchtete Mütter können Kursangebote nicht wahrnehmen, weil eine verlässliche Kinderbetreuung fehlt. BUF reagiert auf diesen Bedarf mit vier speziell auf Frauen zugeschnittenen Angeboten: „Lernen lernen“ und sprachliche Alltagsbewältigung, Konversation, Fahrradkurse und Computerkurse. Was sie alle verbindet: Während der Kurszeiten werden bei Bedarf die Kinder betreut.
„Studien zeigen, dass kleine Kinder im Haushalt den Lernfortschritt von geflüchteten Frauen massiv bremsen“, sagt Julia Ritter, die das Projekt BUF bei CampusAsyl koordiniert. „Uns wird immer wieder gespiegelt: Zu Hause fehlt die Ruhe, der Platz oder einfach die Zeit zum Lernen. Der Kurs ist für viele die einzige Möglichkeit, sich wirklich darauf zu konzentrieren. Auch das Abschalten ist ein nicht zu unterschätzender Punkt. Dadurch, dass die Mütter die Kinder gut betreut wissen – außer Sicht- und Hörweite, aber bei Bedarf dennoch nebenan – können sie sich erst in Ruhe aufs Lernen konzentrieren.“ Neben dem Lernen ist BUF für viele Teilnehmerinnen auch ein Ort der Begegnung. Manche leben ohne Partner oder familiäre Unterstützung in Deutschland. Die Kurse bieten Raum für Austausch – frei, ungezwungen und ohne Scham. Oft sind sie auch der erste vorsichtige Kontakt mit einem strukturierten Betreuungssystem und damit eine gute Vorbereitung auf den Krippen- oder Kitastart.
Aktuell werden 14 Kinder im Alter zwischen sechs Monaten und sechs Jahren betreut. Clara ist ihre Hauptansprechperson. Unterstützt wird sie von ehrenamtlichen Kolleginnen, die an festen Tagen mithelfen. „Das gibt den Kindern und auch den Müttern Sicherheit“, sagt sie. Der Tag beginnt mit einer Begrüßung, dann folgen freies Spiel, kreative Angebote, Bewegung oder ein kleiner Ausflug. „Unser Raum ist so gestaltet, dass sich alle wohlfühlen können – mit Spielteppichen, Sofas, Bastelsachen, Büchern und viel Platz zum Entdecken. Mir geht es darum, dass wir viel Spaß haben und lachen. Die Kinder sollen eine schöne Zeit haben und sich wohl und geborgen fühlen. Wir begleiten das möglichst durchgehend auf Deutsch, damit früh sprachliche Impulse gesetzt werden“, sagt Clara. Für viele Kinder ist es die erste Erfahrung mit Betreuung außerhalb der Familie und die Entwicklung ist deutlich spürbar. Schon nach ein paar Wochen verstehen viele Kinder einfache Sätze auf Deutsch und reagieren darauf. Auch im Miteinander zeigen sich Veränderungen: Die Kinder lernen, sich Hilfe zu holen, mit Frust umzugehen, auf andere zuzugehen. Und bei den ganz Kleinen sind manchmal sogar erste motorische Schritte zu beobachten. Manche beginnen während des Kurses zu krabbeln oder zu laufen. Natürlich ist jeder Tag anders. „Mit 14 Kindern ist Flexibilität gefragt. Manchmal geht jegliche Planung flöten, und am Ende freut man sich, wenn alle gesund und munter nach Hause gehen“, sagt Clara schmunzelnd. „Aber es gibt so viele schöne Momente. Die Begeisterung und das Strahlen auf den Gesichtern der Kinder, wenn sie am Morgen in den Raum kommen, ist unschlagbar. Mittlerweile hatten wir schon so viele verschiedene Kinder in den Kursen, und es ist immer wieder ein tolles Erlebnis, sie wachsen zu sehen und sie ein kleines Stück auf ihrem Weg begleiten zu dürfen.“
Seit Projektbeginn wurden bereits 47 Kinder betreut. Für die Kinder bedeutet das: neue Impulse, frühe Förderung und oft der erste Schritt in ein neues Umfeld. Für ihre Mütter bedeutet es vor allem Zeit: zum Lernen, zum Ankommen, zum Kraftschöpfen. Projektkoordinatorin Julia bringt es auf den Punkt: „BUF schafft Raum zum Lernen und zum Durchatmen – und ermöglicht Teilhabe, wo sie sonst oft nicht möglich wäre.“