In der Reparaturwerkstatt von CampusAsyl nehmen sich Ehrenamtliche viel Zeit für andere. Einer von ihnen ist Heinz Rausch. Was treibt ihn an?
Wer mobil ist, kann leichter am öffentlichen Leben teilnehmen. Für geflüchtete Menschen ist ein Fahrrad nicht nur praktisch, es bedeutet ein Stück Freiheit. Das wissen die Freiwilligen der Fahrradwerkstatt von CampusAsyl im Regensburger „Ankerzentrum“ in der Zeißstraße. Sie geben kostenlose Fahrräder an Geflüchtete aus, die dort auf engem Raum leben. Die Räder werden gespendet – meist haben sie 20 bis 30 Jahre auf dem Buckel. In der kleinen Fahrradwerkstatt machen Ehrenamtliche sie fit für den Stadtverkehr. Um Zeit für die Reparaturen zu haben, bleibt die Werkstatt-Türe mittwochs zu. Dann kann sich das Team voll auf Reparaturen konzentrieren. Zu tun gibt es immer etwas: Häufig sind Licht oder Reifen kaputt – das geht vergleichsweise schnell. Kommt jemand mit einem Achter im Rad an, wird es aufwendiger.
„Manchmal hängt man tagelang an einem einzigen Rad“, sagt Heinz Rausch, einer der Ehrenamtlichen. Das Engagement des Regensburgers ist beispielhaft dafür, dass CampusAsyl nicht nur von Studierenden getragen wird, sondern breiten Rückhalt in der Stadtgesellschaft hat. Zudem arbeiten in der Fahrradwerkstatt Bewohner des „Ankerzentrums“ als Freiwillige mit. Allerdings ist unter ihnen die Fluktuation derzeit besonders hoch: Viele Geflüchtete müssen ihr Engagement aufgeben, weil sie in den Transfer kommen und Regensburg verlassen müssen.
Heinz bildet mit einigen Kollegen deshalb so etwas wie den Kern der Fahrradwerkstatt. Für CampusAsyl ist der Rentner ein Glücksfall – nicht nur, dass er seit zwei Jahren jede Woche dabei ist, er ist zudem Profi: Als gelernter Feinwerktechniker, der jahrelang als Fahrradmechaniker gearbeitet hat, kümmert er sich um die fachliche Seite und lernt neue Kollegen an. An diesem Mittwoch im November nimmt er sich nebenbei noch geduldig der Einräder an, mit denen die Kinder der Unterkunft in einer Gruppenstunde fahren wollen. Heinz muss die Sattelhöhe neu einstellen.
Für seine Kollegen ist er derjenige, der auch die kniffeligen Reparaturen beherrscht – wie zum Beispiel das Montieren neuer Speichen. Heinz selbst verliert über das eigene Engagement nicht viele Worte. Dass in der Fahrradwerkstatt alles an ihm hänge, weist er entschieden zurück: „Es würde ohne mich genauso funktionieren.“ Nur könne man mit fachlicher Unterstützung eben vieles beschleunigen. Er ist nicht der Typ, den es zuhause auf dem Sofa hält oder der sich für Kreuzfahrten begeistern könnte. Bevor er in der Fahrradwerkstatt bei CampusAsyl aktiv war, hatte er bei einem Vorgängerprojekt der evangelischen Diakonie mitgearbeitet. Über seinen Einstieg dort erzählt Heinz augenzwinkernd, eine Aktive habe gesagt: „Der geht in Rente, den müsst ihr euch packen.“
Sich für etwas zu engagieren, das zieht sich wie ein roter Faden durch seine Biographie: In den 80er Jahren setzte sich Heinz für Solidarität mit Nicaragua und gegen die geplante Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf ein. Zudem war er ein früher Fahrradaktivist, der sich schon vor 30 Jahren dafür stark machte, in der Regensburger Innenstadt den Drahtesel dem Auto gleichzustellen. Was ihm an der Arbeit bei CampusAsyl gefällt? „Man tut etwas Produktives und kann sein Wissen weitergeben“, sagt er. Und es ist ihm wichtig, Geflüchteten, die in der Zeißstraße weit weg vom Stadtzentrum leben, kostenfreie Mobilität zu ermöglichen.
Bei manchem Rad kann aber auch Heinz nichts mehr machen. Bei anderen, denen Ersatzteile fehlen, können die Ehrenamtlichen auf ein kleines Budget von CampusAsyl zurückgreifen – allerdings ist der Verein zur Refinanzierung auf Geldspenden angewiesen. Etwas Material und Werkzeug sponsert zudem die Regensburger Firma „Feine Räder“. Heinz Rausch und seine Kollegen würden sich aktuell Spenden von gut erhaltenen Kinder-, Herren- und Damenfahrrädern wünschen – denn im „Ankerzentrum“ sind die Wartelisten lang. Manchmal muss das Team Interessenten enttäuschen, wenn es kein passendes Rad gibt. Heinz appelliert an potenzielle Spender, einmal im Keller oder der Garage nachzusehen: „Viele Leute steigen auf Elektro-Räder um und haben vielleicht noch ein gutes Rad für uns zuhause. Älter als 30 Jahre sollten die Räder aber nicht sein.“
Abgeben kann man Fahrräder – mit Ausnahme von E-Bikes – mittwochs und donnerstags, jeweils von 17 bis 19 Uhr im „Ankerzentrum“ in der Zeißstraße 1. Willkommen sind der Werkstatt auch Freiwillige, die Spaß und Interesse an Fahrrädern haben. Um mitzuarbeiten, muss man aber kein Fahrrad-Spezialist sein, betont das Werkstatt-Team.
Von Katharina Kellner