
Als 2015 das begann, was heute unter dem Schlagwort „Flüchtlingsjahr“ bekannt ist, traf das viele unvorbereitet. Nicht CampusAsyl. Der Regensburger Verein war schon da, als die Zahl der Asylsuchenden in Deutschland innerhalb weniger Monate deutlich anstieg. Bereits im Herbst 2014 hatten zwei Regensburger eine Idee entwickelt: Hermann Josef Eckl, damals katholischer Hochschulpfarrer, und Rupert Hochholzer, Germanistik-Professor mit Schwerpunkt Deutsch als Zweitsprache, hatten gehört, dass in Regensburg eine Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete eröffnet werden sollte. Eckl erinnert sich: „Die Ursprungsidee war: Wir versuchen einerseits von der Hochschulgemeinde, andererseits von der Germanistik, diese Einrichtung zu begleiten.“ Er und Hochholzer dachten an Deutsch-Kurse und andere Hilfestellungen. Doch schon in der Startphase zeichnete sich ab, „dass das Projekt mit sehr erfreulicher und sehr ermutigender Anteilnahme größer werden würde als gedacht“.

Geflüchtete bringen sich ein
Als 2015 viele Geflüchtete kamen, hatte der Verein bereits feste Strukturen. Eckl sagt, das sei eine Art „Fügung“ gewesen: Auf einmal wollten sich viele Menschen für Geflüchtete engagieren. Bei CampusAsyl fanden sie eine Anlaufstelle, Strukturen und Professionalität. Die katholische Hochschulgemeinde stellte Büros und Ansprechpartner. „Im Lauf von 2015 ist CampusAsyl riesig gewachsen.“ Daraufhin folgte der zweite Schritt: CampusAsyl wurde eingetragener Verein und bekam eine Geschäftsstelle. Der feste Rahmen und die Professionalisierung bilden aus Sicht Eckls das „Erfolgsrezept“. Letztere sei nicht nur der Anbindung an die Uni geschuldet, sondern auch engagierten Bürgern zu verdanken, die viel an Erfahrung mitgebracht hätten. Schließlich sei CampusAsyl auch ein Bürgerprojekt.
Über zehn Jahre hinweg ist es dem Verein gelungen, die Wege vieler Menschen positiv zu beeinflussen. Zum Beispiel den von Dawit Getaneh, der 2017 aus Äthiopien kam, wo er bereits Literatur und Fremdsprachen studiert und Deutschkenntnisse im Goethe-Institut erworben hatte. Zunächst lebte Getaneh im Regensburger Ankerzentrum – ohne Aufgabe und Kontakte. Über ein von CampusAsyl organisiertes Fußball-Training lernte er Menschen und Aktivitäten des Vereins kennen.
Der „Knackpunkt“ für ihn sei ein Deutschkurs gewesen, den ihm der Verein finanzierte, erzählt er am Telefon. Heute ist er es, der neu Ankommenden Brücken baut: Neben seinem Vollzeit-Job als Kundenbetreuer bei der Bahn koordiniert er ehrenamtlich den Beirat von CampusAsyl. Dieser besteht aus sieben Mitgliedern mit Migrationserfahrung. Sie beraten den Vorstand, bringen die Perspektive von Geflüchteten sowohl in die Vereinsarbeit ein als auch in die Öffentlichkeit. Getaneh weiß, wie „verloren“ sich Geflüchtete im Ankerzentrum fühlen und wie wertvoll es ist, wenn jemand in dieser Situation auf sie zugeht. Er selbst verdanke dem Verein Kontakte, auf die er sich seit Jahren verlassen kann: „Meine besten Freunde habe ich durch CampusAsyl kennen gelernt.“
Helen Kidan ist gewähltes Vorstandsmitglied für zwei Jahre. Nach ihrem Abitur in Regensburg hatte sie 2021 den Bundesfreiwilligendienst beim Verein absolviert – und nutzte die Zeit, um eigenständig ein Projekt zu entwickeln: Sie erarbeitete ein Konzept für einen Computer-Kurs für Frauen.

Fokus auf Frauen
Den leitet sie bis heute zweimal pro Jahr ehrenamtlich. „Am Ende können die Teilnehmerinnen die grundsätzlichen Funktionen des Computers bedienen“, sagt sie. Im Kurs gehe es um Selbstwirksamkeit und um Teilhabe für jene, die oft doppelte Diskriminierung erfahren: Weil sie Geflüchtete sind und Frauen. „Frauenförderung ist ein spezieller Fokus des Vereins“, betont Kidan.

Valeriia Mishkurova kam vor gut drei Jahren aus der Ukraine. Auch sie ist Mitglied des aktuellen Vorstands. Zudem koordiniert sie bei CampusAsyl Sprachcafés und Trommelgruppen für Frauen. Sie weiß aus eigener Erfahrung: „Das ist gute Integration durch persönlichen Kontakt.“ Anderen zu helfen, sei für sie selbstverständlich. Im Umgang mit Menschen aus unterschiedlichen Ländern habe sie gelernt, wie unbedeutend Grenzen seien: „Wir alle wollen leben, lieben und uns entwickeln.“
Auch wenn im zehnten Jahr des Vereins Geflüchteten politisch ein kalter Wind entgegenweht, blickt Hermann Josef Eckl optimistisch nach vorne: „Ich glaube, CampusAsyl ist nötiger denn je.“ Um die Gesellschaft von Integration zu überzeugen, würden professionelle Arbeit und die Erfolge helfen, die man damit erziele. Der Verein habe stets heikle Themen angesprochen, „und zwar auf allen Seiten. Und das ist der beste Weg, um zu zeigen, dass diese Arbeit gut und sinnvoll und nötig ist und dass ein Miteinander gelingen kann, wenn man es will“.
Autorin: Katharina Kellner (Mittelbayerische, 14.10.2025)