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BEING HUMAN / MENSCH SEIN – Hamid


Geflüchtete Menschen werden oft als eine homogene große Gruppe wahrgenommen. Die einzelnen Personen und ihre Geschichten, Gedanken, Träume scheinen darin unterzugehen. Mit der Porträtreihe „BEING HUMAN / MENSCH SEIN“ wollen wir bei CampusAsyl dem einen kleinen Akzent entgegensetzen. Wir wollen zeigen, dass hinter jeder neuankommenden Person ein Individuum steht. Für ein weiteres Interview in der kleinen Serie trafen sich Paul Przybilla und Maen Soufan mit Hamid aus dem Iran.

Kannst du mir von deinem Leben im Iran erzählen, bevor du das Land verlassen hast? Wie sah dein Alltag aus?

Hamid: Mein Leben im Iran war eigentlich ganz normal. Ich hatte meine Arbeit, meine Familie und einen Alltag wie viele andere Menschen auch. Ich habe gearbeitet und meine Zeit mit der Familie verbracht – bis zu den Demonstrationen im September 2022.

Was waren die Hauptgründe, die dich dazu gebracht haben, den Iran zu verlassen? Gab es einen bestimmten Moment, der für dich entscheidend war?

Hamid: Ja, der Auslöser war meine Teilnahme an den Demonstrationen für Freiheit. Ich wurde dabei verhaftet und kam ins Gefängnis. Danach hat sich mein Leben in allen Bereichen verändert. Ich fühlte mich ständig überwacht und kontrolliert. Im darauffolgenden Jahr kamen die Behörden zu mir und warnten mich, an keinen Veranstaltungen mehr teilzunehmen. Als dann der Jahrestag der Proteste näher rückte, hörte ich, dass sie erneut einige Leute verhaftet haben – darunter auch Menschen, die sie schon einmal festgenommen hatten. Ich wusste, dass sie einige Leute verhaften und sogar töten würden, um den anderen Angst zu machen. Das ist die Methode dieses Regimes.

Wie hat die politische und soziale Situation im Iran dich und deine Familie persönlich beeinflusst?

Hamid: Sehr stark. In meiner Arbeit als Ingenieur war ich Teil einer Organisation, die uns Projekte zugewiesen hat. In solchen Organisationen gibt es immer auch den Basij, eine paramilitärische Gruppe, die überall ihre Leute hat. Manchmal habe ich mich mit anderen Ingenieuren über bestimmte Themen unterhalten – später habe ich gemerkt, dass meine Aussagen bekannt waren. Das war ein schlimmes Gefühl. Man weiß nie, wem man trauen kann.

Gab es Einschränkungen oder Druck, was deine Überzeugungen, Meinungen, deinen Lebensstil oder deine Identität anging?

Hamid: Ja, auf jeden Fall. Wenn das Regime wollte, konnte es einem sehr schnell Probleme machen. Nach meiner Verhaftung konnte ich monatelang nicht richtig schlafen und hatte schlimme Albträume. Bis heute schlafe ich schlecht und brauche Medikamente.

Wie bist du damit umgegangen? Hast du versucht, dir trotz dieser Schwierigkeiten ein Leben im Iran aufzubauen? Und gab es einen Punkt, an dem du realisiert hast, dass dies für dich nicht mehr möglich ist?

Hamid: Ich habe es versucht. Aber nach den Vorfällen, der Verhaftung und der ständigen Überwachung wurde mir klar, dass ich dort keine Zukunft mehr habe. Vor allem, als ich hörte, dass sie wieder Leute festnehmen – ich wusste, dass ich der Nächste sein könnte.

Warum kam Deutschland für dich als Ziel in Frage?

Hamid: Ich habe gehört, dass es in Deutschland viel Freiheit gibt. Ich glaube, dass es in vielen anderen europäischen Ländern nicht so ist wie hier. Außerdem dachte ich, dass Deutschland stark genug ist, um uns etwas mehr Sicherheit zu geben, weil in anderen Ländern Regierungsleute aus dem Iran leben, die andere Landsleute überwachen.

Was sind deine Hoffnungen und Wünsche für dein Leben in Deutschland?

Hamid: Ich hoffe, dass ich bald meinen Asylbescheid bekomme und hier ein normales Leben führen kann. Ich möchte arbeiten und der Gesellschaft etwas zurückgeben, denn ich fühle, dass die Menschen und die Regierung hier mir helfen, und ich möchte auch etwas für sie tun. Ich mag die Menschlichkeit hier, die Höflichkeit und wie freundlich die Leute sind.

Wie sind deine bisherigen Erfahrungen in Deutschland? Wie empfindest du die Gesellschaft und die Menschen?

Hamid: Sehr positiv. Ich mag die Menschen hier, weil sie respektvoll sind und ein großes Herz haben. Sie achten auf Menschenrechte und helfen anderen. Das gefällt mir sehr.

Wenn du in die Zukunft blickst – wie siehst du deine Identität? Hast du das Gefühl, Teil dieser Gesellschaft zu sein bzw. werden zu können?

Hamid: Ich werde meine iranischen Wurzeln nie vergessen, aber ich möchte mich hier integrieren und ein Teil dieser Gesellschaft werden. Ich glaube, dass ich beide Teile meiner Identität in mir tragen kann.

Vielen Dank für das Gespräch!



23.06.2025 15:36,
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