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100 Tage Ampelregierung – Was hat sich für Asylsuchende verändert?


Im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus waren die Regensburger Vertreter:innen der Berliner Regierungskoalition Ulrich Lechte (FDP), Dr. Carolin Wagner (SPD) und Stefan Schmidt (Die Grünen) im Gespräch mit den Regensburger Vereinen CampusAsyl, Ausbildung statt Abschiebung, BI Asyl, Space-Eye, Refugee Law Clinic und Seebrücke. Sie gaben Auskunft über die in den ersten hundert Tagen bereits angegangen sowie ausstehenden Vorhaben im Bereich Migration, Asyl und Integration.

Eröffnet wurde die Gesprächsrunde mit der Frage wie die einzelnen Abgeordneten den Krieg Putins in der Ukraine erleben. Obwohl Schmidt, Lechte und Wagner in verschiedenen Ausschüssen tätig sind, sind alle stark mit dem Krieg und dessen Folgen konfrontiert. Die SPD Abgeordnete Dr. Carolin Wagner, die Teil des Bildungs- und Digitalisierungsausschusses ist, hat aktuell zur Aufgabe unter anderem ca. tausende Studierende aus der Ukraine ins deutsche Bildungssystem zu integrieren und sich auf russische Cyber Attacken vorzubereiten. Schmidt problematisierte, dass es noch unklar ist, wie die Länder bzw. der Bund die Kosten der geflüchteten Menschen mittragen. Er will die Herausforderung annehmen, schnell und unbürokratisch zu helfen sowie tragfähige Strukturen auch für ein langfristiges Leben der Ukrainer:innen in Deutschland zu schaffen. Als dritter meldetet sich Lechte zu Wort, dem es besonders wichtig war, die Dimensionen der historischen Wende in Europa aufzuzeigen. Besonders besorgt zeigte er sich im Angesicht einer möglichen Ausweitung des Kriegs und massiv zunehmender Zahlen geflüchteter Menschen. Der UNHCR schätze die potentielle Zahl geflüchteter Ukrainer:innen auf bis auf 11 Millionen.

Eine Einführung und Überblick zum Themenblock Integration und Teilhabe gab den Zuschauer:innen die Refugee Law Clinic. Zum Zugang zu Sprachkursen steht im Koalitionsvertrag, dass diese von Anfang an für alle leichter und schneller zugänglich sein sowie bessere Bedingungen für alle Beteiligten geschaffen werden sollen. Aktuell ist es jedoch so, dass bei Einreise nach August 2019 während des Asylverfahrens nur Kurse für Menschen aus bestimmten Herkunftsländern angeboten werden. Arbeitsverbote sollen für bereits in Deutschland Lebende abgeschafft werden, jedoch ist es derzeitig noch so, dass bestimmte Arbeitsverbote bestehen. Laut Koalitionsvertrag soll das Prinzip der Anker-Zentren nicht weiterverfolgt werden. Alle drei Abgeordneten der Regierungsparteien bekannten sich zum Koalitionsvertrag und zu dessen Umsetzung ohne Interpretationsspielraum.

Über Bleiberecht und Familiennachzug wurde von einem Mitglied von CampusAsyl informiert. Bezüglich Bleiberecht, Aufenthalts- und Niederlassungserlaubnis wird angestrebt, dass diese nach kürzerer Zeit und für mehr Menschen zugänglich werden. Zudem sollen Verbesserungen bezüglich des Familiennachzugs durch den Koalitionsvertrag verwirklicht werden. Zum einen wird der Familiennachzug ausgeweitet und zum anderen soll der Sprachnachweis für nachziehende Ehepartner:innen unverzüglich möglich gemacht werden. Was für CampusAyl allerdings noch als wünschenswert betrachtet wird, ist eine Visaerleichterung. Schmidt äußerte seine Freude über diese „stolzen substanziellen Verbesserungen und ist zufrieden mit dem Fortschritt“. Ein konkreter Zeitplan für die Umsetzung der Verbesserungen bestehe allerdings noch nicht. Außerdem kritisierte er, dass es in den letzten Jahren vernachlässigt wurde, den Geflüchteten Sicherheit und Perspektive zu geben, obwohl Zuwanderung wichtig für den deutschen Arbeitsmarkt ist. Laut Wagner brauche das Gesetzgebungsverfahren noch Zeit, aber das Stoppen von Kettenduldung stünde ganz oben auf der Agenda des Bundesinnenministeriums. Der Abgeordnete der FDP legte großen Wert auf schnellere und faire Verfahren, eine gute Klärung der Sachlage und betonte, dass er hinter der Umsetzung des Koalitionsvertrages stehe.

Einen guten Überblick zum Ablauf des Asylverfahrens sowie Vorhaben im Koalitionsvertrag gab zuletzt eine Vertreterin der Refugee Law Clinic. Grundsätzlich sollen Asylverfahren fairer, zügiger und rechtssicherer sein, indem eine schnellere Entscheidung in Asylprozessen und eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung vorgenommen wird. Alle Abgeordneten bekannten sich dazu. Lechte, Schmidt und Wagner untermauerten noch einmal, wie wichtig sie den Paradigmenwechsel der deutschen Asylpolitik finden, der im Koalitionsvertrag festgehalten wurde. Außerdem betonte der Abgeordnete der Grünen, dass die Aktualisierung der Länderberichte für die Verfahren wichtig ist. Nur so kann fair bestimmt werden, wer ein Bleiberecht aufgrund eines unsicheren Herkunftslandes hat.

Abschließend gab Lechte einen Ausblick. In der Vergangenheit war es nie möglich innerhalb der EU einheitliche Regelungen zur Verteilung von Geflüchteten festzulegen, da sich vor allem Polen und Ungarn nicht dazu bereit erklärten. Da nun aber u.a. Polen und Ungarn am meisten mit dem Andrang Asylsuchender konfrontiert sind, könnten sich diese möglicherweise doch zu einer einheitlichen Regelung für die Aufnahme Geflüchteter aus anderen Krisengebieten bereit erklären.

Die Veranstaltung gab einen guten Überblick darüber was in den ersten 100 Tagen nach dem Regierungswechsel schon erreicht wurde und welche im Koalitionsvertrag festgesetzten Ziele noch verwirklicht werden müssen.

 

Annika Müller und Eva Kreuzer



31.03.2022 12:13,
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