
Verdeckt oder offensichtlich, bewusst oder unbewusst, im Alltag oder auf struktureller Ebene – Rassismus hat viele Gesichter. Es handelt sich um ein „grundlegendes, die Gesellschaft strukturierendes Konstrukt“ (Amnesty International 2016), wobei tagtäglich Minderheiten in Deutschland ausgegrenzt, diskriminiert und in ihrer Menschenwürde verletzt werden. Basierend auf althergebrachten Denkmustern, Stereotypen und Vorurteilen werden Menschen, die „anders sind“ oder von der Mehrheitsgesellschaft als „nicht normal“ oder „dazu passend“ betrachtet werden, subtil diskriminiert, beleidigt oder sogar gewaltsam angegriffen. Es handelt sich hierbei um ein Problem, das die gesamte Gesellschaft betrifft. Diese Ausgrenzung geschieht tagtäglich, ganz real, vor unser aller Augen. Dieser Artikel soll dazu beitragen, zum Anlass der Internationalen Wochen gegen Rassismus nochmals auf die Vielschichtigkeit von Rassismuserfahrungen aufmerksam zu machen und aufzuzeigen, wie die Stadt Regensburg mit der Problematik umgeht.
Seit Juni 2018 gibt es mit der Antidiskriminierungsstelle der Stadt Regensburg eine erste Anlaufstelle für Personen, die Diskriminierungen jeglicher Art erfahren. Frau Petra Salameh-Zudock berät im Büro für Chancengleichheit nach den Grundsätzen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetztes (AGG), ob in den geschilderten Fällen eine Diskriminierung vorliegt. Die engagierte Juristin zeigt rechtliche Möglichkeiten auf und vermittelt die Betroffenen an weitere, spezifische Beratungsstellen. Anlass zur Erschaffung der Antidiskriminierungsstelle boten konkrete Rassismuserfahrungen von Jugendlichen anderer ethnischer Herkünfte, denen der Einlass in Regensburger Diskotheken immer häufiger verwehrt wurde, während vermeintlich „deutsch“ Aussehende problemlos die Türsteher passieren konnten. Frau Salameh-Zudock schildert weitere Fälle von Rassismuserfahrungen, in denen klar ein Verstoß gegen das AGG vorliegt und die rassistische Diskriminierung offensichtlich wird. Hierzu zählt beispielsweise die Ablehnung einer Bewerbung mit Hinweis auf die „kulturelle Herkunft“ der/-s sich Bewerbenden oder die Ansprache einer Muslima im Unterricht mit: „Du da mit dem Kopftuch“. Schwieriger nachzuweisen ist die vermehrte Personenkontrolle von MigrantInnen beispielsweise in Supermärkten oder im öffentlichen Nahverkehr. Gerade die subtilen, meist nicht offen ersichtlichen Fälle von Rassismus sind es, die schwierig zu beurteilen sind. Hier ist es besonders wichtig, dass Betroffene sich die Situation – Ort, Zeitpunkt und Verlauf – notieren und mögliche ZeugInnen kontaktieren.
Oftmals jedoch, so Frau Salameh-Zudock, handle es sich auch um unabsichtliche rassistische Äußerungen von Personen, die nicht von Rassismus betroffen sind: „Ganz viel passiert unbewusst und gedankenlos. Man macht sich keine Gedanken darüber, wie Aussagen bei denjenigen ankommen, die betroffen sind“. Wird beispielsweise eine Person of Colour gefragt, woher sie komme, obwohl sie oder er in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, so kann dies einerseits durchaus eine rassistisch motivierte Frage sein und diskriminierend und verletzend wirken. Andererseits kann die Frage in einem anderen Zusammenhang auch ein ehrliches Interesse an der anderen Person darstellen und erfreut als Aufhänger genutzt werden, um in Kontakt zu kommen. „Es muss nicht zwingend ein böser Wille hinter solchen Fragen stecken“, sondern Unwissenheit hinter der Wirkung von gewissen Aussagen. Deshalb sei es wichtig, die eigene Sprache auf mögliche rassistisch diskriminierende Wirkung zu untersuchen und eine Sensibilisierung für Rassismus im Alltag herbeizuführen.
Zuletzt der Aufruf an Betroffene, sich bei der Antidiskriminierungsstelle telefonisch oder persönlich zu den Beratungszeiten (dienstags 8.30 – 11.30 Uhr/donnerstags 14.30 – 17.30 Uhr) ohne Voranmeldung oder nach telefonischer Terminvereinbarung vertraulich und umfassend beraten zu lassen.
Rückblickend waren die Internationalen Wochen gegen Rassismus eine tolle Gelegenheit, um sich bei den vielseitigen Veranstaltungen in Regensburg zu vernetzen und gemeinsam ein starkes Zeichen gegen Rassismus zu setzen. Höhepunkt der Veranstaltungsreihe unter dem Motto „Regensburg is(s)t und bleibt bunt!“ war die Kundgebung am 21. März 2019, dem Internationalen Tag gegen Rassismus. Unter Trommelwirbel der Trommlergruppe Dialamandia versammelten sich circa 200 Menschen auf dem Neupfarrplatz im Herzen Regensburgs. In verschiedenen Redebeiträgen äußerten sich der Integrationsbeirat der Stadt und weitere Kooperationspartner gegen rassistische Diskriminierung und Gewalt und sprachen sich für ein friedliches, gleichberechtigtes Zusammenleben aus. Begleitet wurde die Kundgebung von dem CampusAsyl Chor sowie kulinarischen Köstlichkeiten aus aller Welt.
Kontaktdaten Antidiskriminierungsstelle:
Ansprechpartnerin: Frau Salameh-Zudock
Von-der-Tann-Str. 1 | 93047 Regensburg
☎ 0941/507-1143
✉ antidiskriminierungsstelle@regensburg.de
Quelle 1: Amnesty International 2016: Wir nehmen Rassismus persönlich (zuletzt zugegriffen am 17.03.2019: https://www.amnesty.de/sites/default/files/2017-05/Amnesty-Broschuere-Alltagsrassismus-September2016.pdf)
Bild: Auftritt des CampusAsyl-Chors bei der Kundgebung im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus